International symposium
Cognition and Interpretation

Institute of philosophy,
Zagreb, October 10-11, 2003

Igor Mikecin
Die Frage der Richtigkeit der namen bei den Griechen

Die für das frühgriechische mythische Denken charakteristische Gleichsetzung von Wort und Ding löst sich im Denken der physis auf. Das Wort wird als Name verstanden. Der Name ist nicht mehr das benannte, sondern er nennt es im Sinne einer zwischen beiden bestehenden Beziehung. Mit diesem Auseinandertreten von Name und Ding wird aber gerade die Beziehung zwischen beiden zu einer wichtigen Frage. Bei den Physiologen jedoch werden die namen noch ganz unvermittelt auf die Dinge bezogen. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. Kündigt sich bei Denkern wie Empedokles und Anaxagoras der Zweifel an einer solchen Entsprechung von Name und Ding an. Die frühgriechische Sprachauffassung wird dann durch Demokrits Lehre von der Konventionalität der Sprache in Frage gestellt und schliesslich in der Aufklärungsbewegung der Sophistik zerstört. Erst bei den Sophisten wird das Verhältnis zwischen Name und Ding zur Frage nach der Richtigkeit der Namen (orthotes ton onomaton). Diese Frage bewegt sich zwischen zwei extremen Aufassungen: entweder kommt der Name einem Ding von Natur zu und es gibt irgendeine natüraliche Übereinstimmung zwischen Name und Ding, oder aber der Name ist dem Ding nur durch Gesetz und Übereinkunft zugeteilt. Gegenüber der bloss natürlichen Richtigkeit der Namen (Antisthenes, Herakliteer) einerseits und dem äussersten Konventionalismus und Arbitrarismus (späte Sophisten) andererseits, versucht Platon in seinem Dialog Kratylos die durch Aufklärung zerstörte Zusammengehörigkeit von Name und Ding auf einer dialektisch vermittelten Ebene wiederherzustellen.