International symposium
Cognition and Interpretation

Institute of philosophy,
Zagreb, October 10-11, 2003

Ivan Kordić (Zagreb)
Verstehen als Geschehen der Horizontverschmelzung Grundzüge der hermeneutischen Philosophie Hans-Georg Gadamers

Hans-Georg Gadamer hat in seinem Hauptwerk Wahrheit und Methode und in seinen späteren philosophisch-hermeneutischen Überlegungen zum Problem des Verstehens und des Erkennens für das moderne Denken des Menschen und seiner Welt Grundlegendes geleistet. Ausgehend von der Kritik an der Reduzierung der Erkenntnis, des Wissens und der Wahrheit auf den Bereich der Naturwissenschaft, ihrer Erkenntnisziele und ihrer Erkenntnismethoden, und diese Kritik hat er auch mit seinem Lehrer Martin Heidegger gemeinsam, versucht er die Wahrheitsfrage an der Erfahrung der Kunst freizulegen, sie dann auf das Verstehen in den Geisteswissenschaften auszuweiten, um der Hermeneutik am Leitfaden der Sprache eine ontologische Wendung zu sichern. Dabei kann als eine der Hauptthesen seines Denkens gelten, daß das grundlegende Vorurteil der Aufklärung ihr Vorurteil gegen die Vorurteile überhaupt ist, was zur Entmachtung der Überlieferung geführt hat. Denn nach ihm ist menschliche Erkenntnis ohne Vorurteile nicht möglich. Dies ist nicht im negativen Sinne gedacht, sondern im positiven Sinne der Hinführung des Menschen zur Einsicht, daß “objektives” Verstehen, das einen Standpunkt außer ihm und im Grunde außer Welt voraussetzten müßte und voraussetzen würde, gar nicht möglich ist. Der Mensch als endliches Wesen ist in eine Zeit, in eine Welt und in eine geschichtliche Überlieferung geworfen, die er nur zeitlich, weltlich und geschichtlich verstehen kann. Und das bedeutet, daß er zu allem im offenen Verhältnis stehen muß, wenn er überhaupt irgendetwas verstehen, für sich und für andere intepretieren und anwenden will. Er ist in eine Wirkungsgeschichte eingeschlossen, die ihren Gang in die Zukunft aus der Gewesenheit zeitigt und dabei den verstehenden, den auslegeneden und sein Verstehen anwendenden Menschen mitnimmt, der seinen Horizont nur verstehen kann, wenn er ihn mit anderen Horizonten verschmelzen läßt, in ständig offener Voraussetzung, daß auch der andere recht haben könnte.